In der Fachtagung »Digital Engineering zum Planen, Testen und Betreiben technischer Systeme« lag einer der Schwerpunkte auf den neuesten Virtual-Reality-Technologien. Anwendungen gehen quer durch alle Branchen. Doch eines ist für alle, sogar für Laien interessant: Mit Digital Engineering kann man schon heute einen Blick in die Zukunft werfen.
In Fabrikhallen tonnenschwere Anlagen hin und her schieben, bis die optimale Variante der Produktionsanlage gefunden ist – mit digitaler Fabrikplanung kein Problem. Riesige und komplexe technische Anlagen entwickeln und noch während der Konstruktionsphase optimieren – heute für Ingenieure eine übliche Vorgehensweise. In einer denkmalgeschützten Innenstadt Entwürfe für ein neues Gebäude vergleichen – heute ist es schon zur Selbstverständlichkeit geworden, dass dies mit virtuell-interaktiven Stadtmodellen geschieht.
Digitales Engineering als beteiligungsorientiertes Werkzeug
Schon immer wollten die Menschen einen Blick in die Zukunft werfen. Digitale Erlebniswelten erlauben es darüber hinaus, dass sich viele Menschen gleichzeitig im virtuellen Raum bewegen und gemeinsam einen Teil ihrer Zukunft gestalten. Entwürfe können gemeinsam diskutiert und Lösungen schneller gefunden werden, die von allen Betroffenen akzeptiert werden. Der virtuelle Raum, vor allem in den Dimensionen, wie sie am Virtual Development and Training Centre VDTC des Fraunhofer IFF bereit stehen, ermöglicht Partizipation in ganz anderer Qualität. »So kann Digital Engineering als ein beteiligungsorientiertes Werkzeug für Entscheidungsfindungen jeglicher Art genutzt werden. Diese Facette stand bisher nicht so sehr im Fokus der Anwender. In Zukunft wird dies aber zu stärkerer Bedeutung gelangen, vor allem bei dem Thema der Energiewende«, erklärt Institutsleiter Prof. Dr.-Ing. habil. Michael Schenk.
Endlagerung: das erste virtuelle Untertagelabor
Spätestens im Jahr 2022 will Deutschland den Atomausstieg abschließen. Lösungen für geeignete Endlager für die radioaktiven Abfälle müssen schnellstmöglich gefunden werden. Doch will man die Eignung eines möglichen Standorts untersuchen, so muss dazu ein Endlager, d. h. das Endlagerbergwerk mit seinen technischen Einrichtungen und den eingelagerten Abfällen, konzipiert werden. Erst auf dieser Grundlage ist es möglich zu beurteilen und ggf. nachzuweisen, dass an dem betreffenden Standort radioaktive Abfälle über den geforderten Zeitraum von einer Million Jahre von der Biosphäre abgeschlossen gelagert werden können. Diese Vorgehensweise soll nun erleichtert werden.
Forscher vom Fraunhofer IFF in Magdeburg entwickeln gemeinsam mit ihren Partnern, der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), der DBE TECHNOLOGY GmbH und der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) im Projekt VIRTUS das weltweit erste virtuelle Untertagelabor. Das virtuell-interaktive Modell ist als ein Instrument zur Bewertung der in einem Endlager ablaufenden Prozesse gedacht. Die Forscher sollen mit VIRTUS die Möglichkeit haben, in einer detailgetreuen Nachbildung von Endlagerbergwerken in realen geologischen Formationen virtuelle Experimente durchzuführen. Die Prozesse und ihre komplexen Wechselwirkungen lassen sich dabei nicht nur detailliert untersuchen, sondern darüber hinaus auch visuell darstellen. Dadurch kann die Software-Plattform auch zu einem verständlicheren und transparenteren Dialog mit der Öffentlichkeit beitragen.
Quelle: Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF